Freitag, 4. Mai 2012

Ist ein Wheelie eine Straftat ...?

... mag auch ein Großteil der Biker dieser Bananenrepublik aus dem Alter für Wheelies heraus sein, dieser spektakuläre Ausdruck von Lebensfreude - und Beherrschung des Bikes! - ist dennoch immer wieder einmal da draußen im prallen Leben zu sehen. 
Ja auch die Wheelie-Maschinen bei den einschlägigen Motorrad-Events sind stets heftig umlagert und gut besucht und zeigen, dass viele von uns von dieser Art der perfekten Moped-Beherrschung zumindest insgeheim träumen. 

Bild: Wikipedia

Aber ist so ein Wheelie da draußen im Straßenverkehr überhaupt erlaubt?
Oder ist es ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr - ja vielleicht sogar eine Straftat?
Darüber hatte doch tatsächlich vor einigen Wochen ein deutsches Gericht zu entscheiden, wie der ADAC soeben berichtet:

Ein Motorradfahrer hatte vor dem Amtsgericht Lübeck eine Hauptverhandlung, in der ihm seitens der betreffenden Staatsanwaltschaft u.a. vorgeworfen wurde, durch einen spontanen „Wheelie“ einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr - und damit eine Straftat nach § 315 b StGB - begangen zu haben.
Doch nach eingehender Prüfung - Überraschung Überraschung - kam das Gericht in seinem Urteil (Az: 61 GS 125/11) dann allerdings zu dem Ergebnis, dass ein Wheelie allein noch keine Straftat darstellt. 
Denn...
> Störungen des fließenden Verkehrs auf öffentlichen Straßen durch Verkehrsteilnehmer, die mithin Teil von Verkehrsvorgängen sind, werden grundsätzlich durch die abschließende Regelung des § 316 c StGB (und NICHT § 315 b !) erfasst;
> Eingriffe im Sinn des § 315 b - und damit als Straftat! - können nur angenommen werden, wenn sie ... unter bewusster Zweckentfremdung des Fahrzeugs absichtlich als Mittel der Verkehrsbehinderung begangen werden ...weiterhin muss ein bewusst zweckwidriger Einsatz eines Fahrzeugs mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz - etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug - erfolgen.
Als Beispiele dafür führte das Gericht u.a. an:
> ein absichtliches Auffahren auf ein vorausfahrendes oder ein im öffentlichen Verkehrsraum abgestelltes Fahrzeug...
> ein Zufahren mit hoher Geschwindigkeit auf eine auf der Fahrbahn gestürzte Person
> oder ein Abgeben von Schüssen aus einem Fahrzeug.

Zwar wurde dem beschuldigten Biker attestiert, dass er die Fahrt auf dem Hinterrad ohne Rücksicht auf die Sicherheit des Straßenverkehrs in hohem Maße verkehrswidrig unternommen und den Straßenverkehr gleichsam zu seinem Ausleben pervertiert hat. Ein absichtlich auf die Störung des Straßenverkehrs (zweck-)gerichtetes verkehrsfeindliches oder gar mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz vorgenommenes Fahrverhalten, in dem das Kraftrad als Waffe oder Schadenswerkzeug missbraucht wird, lässt sich aber nicht annehmen.

Zitat Gericht: ... Die gegenständliche Fahrt diente primär fahrerischen Unterhaltungszwecken, damit aber jedenfalls auch einem eigenen Fortkommen im Verkehr.

mikels GerichtsFundstück der Woche: Dass Lübecker Amtsrichter ihre eigene Staatsanwaltschaft zurückpfeiffen und - zwar mit hoch erhobenem Zeigefinger - einen lebensfrohen Biker gnädig beurteilen, ja milde davonkommen lassen, DAS ist in heutigen Zeiten wahrlich nicht mehr selbstverständlich. 
Dies umso mehr, als wir Biker ja gerade jetzt im Frühling immer wieder für die sensationsgeile Manipulation von darbenden TV-Einschaltquoten herhalten müssen, die unser aller Image in den Köpfen der dosenfahrenden Mitmenschen nachhaltig schädigen...

Übrigens: Weitere interessante Motorradurteile hat der ADAC auf seiner Website unter der Rubrik "Recht & Motorrad" gesammelt. 
Reinklicken - lesen - und staunen ... es ist die perfekte Lektüre für ereignislose Abende oder einsame Mittagspausen am Arbeitsplatz.

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